Wie funktioniert unsere Steuerung der Nahrungsaufnahme

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Das ureigenste Evolutionsprinzip ist Überleben. Voraussetzung hierfür ist eine ausreichende Energieversorgung (Nahrungszufuhr, Energiestoffwechsel), Mechanismen zur Beseitigung von Verletzungen und Abwehr von Krankheitserregern (intaktes Immunsystem), dem zu Grunde liegen Steuerungsprozesse (Nervensystem mit Zentralleitstelle Gehirn). Evolutionsvorteil ist daher die Sicherstellung einer ausreichenden Energieversorgung durch folgende Mechanismen:

Energiespeicherung:

Der wesentliche Energiespeicher ist Fett, Kohlenhydrate und Eiweiß spielen nur in kurzen Zeiträumen eine Rolle, Zucker muss relativ rasch nachgeliefert werden. Bei Zuckerabfall werden Mechanismen in Gang gesetzt, um den Blutzucker wieder zu erhöhen. Im Gehirn (Hypothalamus) entsteht  Hunger, dies führt zum Handlungsdrang Nahrungsaufnahme, außerdem erfolgt eine Aktivierung des Glykogenabbau um Glukose aus internen Speichern freizusetzen, erst in der nächsten Stufe erfolgt die Aktivierung des Fettabbaus und der Fettverbrennung. (Siehe unten genaue Ausführung Energiespeicher).

Es ist unser natürliches Stoffwechselprogramm bei Knappwerden der Zuckerzufuhr wir auf Fettstoffwechsel umstellen können. Das Gehirn meldet zwar vorsichtshalber zunächst Notstand, ist aber wieder zufrieden wenn Glukose wieder ansteigt oder wenn Glukose nicht mehr ausreichend zur Verfügung steht dafür aus der Fettverbrennung  Ketokörper bekommt.

Soweit so gut beim gesunden Stoffwechsel. Wird das Gehirn nicht beruhigt macht es richtig „Zoff“: Das egoistische Gehirn (selfish brain theory) fordert bei verschiedenen Situationen mehr Zucker, damit mehr Nahrungsaufnahme:

  • Erhöhung des Glukoseverbrauchs  des Gehirns im Rahmen von Stressreaktionen
  • Störungen des Zentrum für Sättigung bei verschiedenen Stoffwechselbedingungen:
    - Adipositas mit Freisetzung verschiedener Botenstoffe aus dem Fettgewebe (Adipokine)
    - Stresshormone, stressbedingte Störungen von Botenstoffen (z.B.: Serotoninmangel), Cortisolerhöhungen, chronische Entzündungen
    - Signale des Fettgewebes zum Bremsen von Nahrungsaufnahme funktionieren nicht mehr (Leptinresistenz)
    - psychische Faktoren: „Ersatzbefriedigung“, Aktivierung Belohnungssystem, erlernte Verhaltensweisen
  • erbliche Dispositionen: genetische und epigenetische Faktoren, die Nahrungsaufnahme und Gewichtsregulation beeinflussen
  • entwicklungsabhängige Faktoren: bereits Nährstoffzufuhr in der Gebärmutter, aber auch präpubertäre Entwicklung (Ernährung, Stress, Traumata, Erkrankungen etc.)haben Einfluss auf Anlage von Fettzellen und Regulationsmechanismen
  • Evolutionsaspekte: Energiesicherung, Prinzip Vorrat zulegen (geht hauptsächlich nur über Fett)

Schlussfolgerung:

Nahrungsaufnahme und Gewichtsregulation sind komplexe Mechanismen. Einfache Ansätze wie FDH („esse die Hälfte“), Kohlenhydrate runter, Kalorien runter etc. greifen meist zu kurz. Die individuelle Situation mit  Stoffwechsel, Stressfaktoren und Lifestyle-Faktoren müssen für nachhaltige Erfolge berücksichtigt werden. Bezüglich Fasten haben wir in der Evolution erprobte und erfolgreiche Programme um nicht nur den Organismus ausreichend zu versorgen, sondern durch Abrufen der Programme werden viele gesundheitsfördernde Mechanismen in Gang gesetzt – vielleicht brauchen wir diese sogar um gesund zu bleiben!

Energiespeicher:

  • Glucose und Glykogen (Blut max. 15 g, Leber 200 g, Muskulatur ca. 300 g, bei rund 500 g sind das 2000 kcal die zur Verfügung stehen) –dies ist je nach Energieverbrauch relativ rasch aufgebraucht, beim Fasten innerhalb von 1 bis 2 Tagen
  • Muskulatur ist kein eigentlicher Energiespeicher, bei Bedarf wird Eiweiß über Gluconeogenese zu Glukose umgewandelt. Beim Fasten startet dieser Prozess schon am ersten Tag, nach 3 Tagen aber abnehmende Rate
  • Fettspeicher: 1 Kilo Fett hat 7000 kcal; Fettgewebe ist der eigentliche Energiespeicher. Die Fettsäuren dienen der normalen Energiegewinnung (Betaoxidation) und werden benutzt, wenn die Zuckerzufuhr reduziert wird und vermehrt Energie bei körperlicher Aktivität verbraucht wird (z.B.: Fettstoffwechseltraining). Bei fehlender oder geringer Kohlenhydratzufuhr wie beim Fasten erfolgt der größte Teil der Energiegewinnung über die Fettverbrennung (nicht Kohlenhydratverbrennung) und die Fettsäuren werden zu Ketokörpern umgebaut (Ketose). Vorteile: Fettgewebe sehr hohe Speicherkapazitäten und daher hohe „Energienachschubkapazität“; Ketokörper dienen allen Zellen als Energielieferant (auch dem Gehirn und dem Immunsystem, die sonst nur Glukose als Energielieferant benutzen können und keine wesentliche Speicherkapazität bei relativ hohem Energieverbrauch haben. Bereits unter Ruhebedingungen beträgt der Energieverbrauch des Gehirns  ca. 500 kcal und liegt damit ähnlich hoch wie die gesamte Skelettmuskulatur unter Ruhebedingungen, auch ein nicht aktiviertes Immunsystem verbraucht 300-400 kcal. Beide Systeme bevorzugen Glukose.

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