Komplementäre Therapie
Proliferationstherapie
"Wer den Halt verliert, ist meist verloren."
Klaus Ender, (*1939), deutsch-österreichischer Fachbuchautor, Poet, bildender Künstler der FotografieAllgemeine Informationen über die Proliferationstherapie
(zum weiterlesen bitte anklicken)
„Bänderstabilisierung eines Gelenkes durch Anregung von Bänderwachstum zur Erzielung von mehr Halt.“
Bei der Proliferationstherapie (im Amerikanischen Sprachraum „Prolotherapie“) handelt es sich um Injektion von nicht biologischen Lösungen, meist einer hypertonen Glucoselösung, zur Anregung von Reparatur in Form von Proliferation (Neubildung von Bindegewebe durch Bindegewebszellen) um typischerweise Schmerzen und Dysfunktionen (mangelnde Stabilität von Bindegewebsstrukturen mit Fehlbelastungen) zu reduzieren . Typischerweise werden Bänder, Sehnen, Gelenkkapseln mit deren Ansätzen behandelt, durch die Lösung kann auch die Knorpelproliferation bei Arthrosen aktiviert werden.
Proliferationstherapie ist eine etablierte Behandlungsmethode von Schmerzen des Bewegungsapparates und wurde bereits in den 1950ern von George Hackett systematisch erforscht und angewandt.
- - Hackett GS, Hemwall GA, Montgomery GA. Ligament and tendon relaxation trated by prolotherapy. Oak Park (IL): Gustav A. Hemwall 1993.
- - DeChellis DM, Cortazzo MH. Regenerative medicine in the field of pain medicine prolotherapy, platelet-rich plasma, and stem cell therapy-theory and evidence. Tech Reg Anesth Pain Manag 2011:15:74-80.
Bei der Proliferationstherapie werden die gereizten und insuffizienten Band-, Sehnen und Kapselstrukturen nach Lokalanästhesie (Betäubung) mit der Proliferationslösung infiltriert. Wir verwenden Glucoselösungen in aufsteigender Dosierung. Folge ist eine natürliche Reaktion des Bindegewebes bei der Zytokine (Bindegewebshormone) freigesetzt werden, die Entzündungsvorgänge in die Wege leiten (natürlicher Mechanismus von Heilungsvorgängen) und auch Reparaturmechanismen wie die Proliferation von Bindegewebe aktivieren. Bei intraartikulärer Anwendung (Spritzen in das Gelenk)kann nachweislich Knorpelwachstum stimuliert werden.
(- Pearson RG, Kurien T, Shu KS, et al. Histopathology grading systems for characterisation of human knee osteoarthritis-reproducibility, variability, reliability, correlation, and validity. Osteoarthritis Cartilage 2011; 19:324-31.) .
Dies führt zum einen zur mechanischen Stabilisierung (verbesserte Funktion der Bänder, Sehnen und Kapseln) zum anderen zu Linderungen oder sogar Beseitigung der Schmerzen und reduzierten Belastbarkeit. Im Gegensatz zur eher kurz wirksamen Kortison haltigen Injektionen, ist der Therapieeffekt bei der Proliferationstherapie nachhaltig.
Bei regelrechter Injektionstechnik und Anwendung von Glucose als Proliferationslösung ist das Verfahren sehr gut verträglich. Eine vorübergehende Schmerzzunahme für die Dauer von 24 bis 48 Stunden nach der jeweiligen Behandlung tritt regelmäßig auf und zeigt die beginnende Heilungsreaktion des Gewebes. Ansonsten gibt es die gleichen Nebenwirkungen wie sie bei allen Injektionen vorkommen können (Verletzung von Strukturen, Blutungen, Infektionen, vorübergehende Anästhesie ggf auch motorische Lähmung durch das Lokalanästhetikum).
Indikation Proliferationstherapie
(zum weiterlesen bitte anklicken)
Schmerzausstrahlungen der Wirbelsäule haben häufig ihren Ursprung im Bereich überlasteter und insuffizienter Bänder. Solche Ligamentosen führen zu lokalen , aber auch ausstrahlenden (pseudoradikulären) Schmerzen. Häufig ist das restliche Bewegungssegment (Gelenke, Muskel, Nerv) überfordert und blockiert (bestimmte Bewegungen sind eingeschränkt und es erfolgt eine Schmerzreaktion mit zusätzlicher Schonhaltung und auch Ruheschmerzen).
Häufig sind die Kreuzbein-Darmbeingelenke betroffen, die sehr hohen Belastungen ausgesetzt sind und hauptsächlich durch Bänder stabilisiert sind. Die Schmerzen sind im Bereich der Gelenke lokalisiert, strahlen aber auch in die Leiste und Beine aus und werden oft als „Ischiasschmerz“ falsch interpretiert. Die Kreuzbein-Darmbeinbänder sind gut zugänglich für die Proliferationstherpie und tragen eine Hauptfunktion der Stabilisierung dieses Gelenks.
Im Bereich der gesamten Wirbelsäule können Bänderinsuffizienzen mit Schmerzen und rezidivierenden Blockierungen vorkommen. Wenn nach Chirotherapie und krankengymnastischen Stabilisierungsversuchen die Beschwerden persistieren, besteht die Möglichkeit auch hier die Proliferationstherapie anzuwenden. Häufig finden wir chronische Beschwerden und insuffiziente Bänder der Halswirbelsäule vor allem nach Distorsionen. Neben Nackenschmerzen treten häufig Cephalgien, Ausstrahlungen in die Arme und auch Gleichgewichtsstörungen auf. Die Proliferationstherapie findet im Bereich der Wirbelsäule an den Bänder, die die Dornfortsätze verbinden, statt.
Typische zur Chronifizierung neigende Sehnenbeschwerden betreffen die Achillessehne, die Plantaraponeurose, den Ansatz des Ligamentum patellae (Osgood Schlatter Erkrankung), die Insertionstendinopathie der Sitzbeinhöcker, den Trachanter major der Hüfte, die Epicondylopathia humeroradialis (Tennisellenbogen), humeroulnaris (Golferellenbogen) und auch die Rotatorenmanschette der Schultergelenke. Ursache sind meist sich summierende Mikrotraumata, Überlastungen, die bei nachlassender biomechanischer Belastbarkeit der Sehnen (degenerativer Prozess, Sehnen haben einen „langsamen“ Stoffwechsel, die Nährstoffzufuhr erfolgt durch Diffusion)zu Entzündungsprozessen und Schmerzen führen. Durch Infiltration mit der Proliferationslösung wird eine Bindegewebsreaktion angeregt, welche zur mechanischen Stabilisierung und Schmerzreduktion und sogar Schmerzfreiheit führt. Im Gegensatz zu Kortisoninjektionen sind diese Effekte nachhaltig. Es sind 4-6 Injektionen im Abstand von 1-2 Wochen notwendig.
Der Gelenkschmerz bei Arthrosen kommt zur Knorpeldegeneration mit entzündlichen Prozessen, die die Gelenkinnenhaut, Gelenkkapsel und auch Gelenkbänder betreffen und durch mechanische Aspekte (Instabilitäten, Achsenabweichungen, Fehlbelastungen, muskuläre Insuffizienzen) begünstigt werden.
Die Proliferationstherapie kommt bei der Behandlung von Bänderschmerzen und Kapselansatzschmerzen „außerhalb“ des Gelenks zum Einsatz. Auch die Anwendung im Gelenk hat positive Effekte. Untersuchungen haben gezeigt, dass durch die Lösung auch Knorpelregenerationen angeregt werden können und es zu Schmerzreduktionen kommt.
(Topol GA, Podesta LA, Reeves KD, Giraldo MM, Johnson LL, Grasso R, Jamin A, Tom Clark DC, Rabago D, The Chondrogenic Effect of Intra-articular Hypertonic-dextrose (prolotherapy) in Severe Knee Osteoarthritis PM&R 2016; 8(11):1072-1082, doi: 10.1016).
Zum Einsatz kommt es bei allen Gelenkarthrosen vor allem auch bei der Fingerpolyarthrose bei der Untersuchungen aufzeigen konnten, dass selbst im aktivierten Zustand Schmerzen und Steifigkeit abnehmen.